Die
natürlichen Wasserwege von Bangkok wurden schon früh
durch zahllose Kanäle (Khlongs) miteinander verbunden,
sodass ein leistungsfähiges Verkehrsnetz
entstand und frühere europäische Besucher
Bangkok das Venedig des Ostens nannten.
Bis zum
Ausbau der Strassen waren Flüsse und Kanäle die einzigen
Transportwege. Auf der Stadtseite von Bangkok sind die
meisten zugebaut, aber auf der anderen Seite des Chao Phraya, in Thonburi,
findet sich immer noch ein Netz von Seitenkanälen,
weitab der Hochhausschluchten. Die Häuser an den Ufern
sind von kleinen Gärten umgeben und besitzen, wie die
Tempelanlagen hier, eigene Bootsanleger. Ihre Veranden
sind liebevoll geschmückt mit bunten Orchideen, die aus
Kokosnussschalen oder rissigen Tontöpfen spriessen.
Bereits in der ersten Morgendämmerung warten die Frauen
auf Mönche, die mit ihren schmalen Booten fast lautlos
über das Wasser gleiten, um die Gaben der Gläubigen
anzunehmen. Auf dem Wasser, das von Obstbäumen, Bambus,
Bananenstauden und Kokospalmen überschattet wird,
treiben Inseln aus Wasserhyazinthen vorbei. Ein
Schnellboot bringt Kinder zur Schule, während eine laute
Hupe den schwimmenden Supermarkt ankündigt -
Händlerinnen verkaufen vom Boot aus frisches Fleisch,
Obst und Gemüse.
Mit einem Longtail Boot, das man für
eine Tour von ein bis zwei Stunden zum Preis von etwa
500 Baht mieten kann, entdeckt man in diesem Viertel
eine ganz andere Stadt und einen liebenswerten Kontrast
zum Moloch auf der anderen Seite des Flusses.
Obwohl im
dicht besiedelten Thailand jeder Khlong bewohnt ist,
spielen die Khlongs nur eine unwesentliche
wirtschaftliche Rolle - der Tourismus ist als grösster
Faktor zu sehen. Entlang der Khlongs gibt es viele
Töpfereien, Lotus- bzw. Orchideenfarmen, welche man mit
einer Bootsfahrt besichtigen kann. Die in früherer Zeit
üblichen "schwimmenden Märkte"
existieren heutzutage kaum noch, der einzig grosse, in Damnoen Saduak 100 km von Bangkok gelegene schwimmende
Markt wird fast ausschliesslich von Touristen benutzt.
Tour
durch die Khlongs
War der
Chao Phraya einst die wichtigste Lebensader Bangkoks, so
bildeten die Kanäle ein dichtes Geflecht kleiner und
kleinster Blutbahnen. Im Stadtteil Thonburi pulsiert an
einigen dieser Wasserwege noch immer das Leben.
Knatternd biegt das Longtailboat in den Klong Bangkok
Yai. Und gleitet schon nach wenigen Metern durch ein
ganz anderes Bangkok:
Hier gibt es noch die Häuser auf Pfählen, auf deren
Treppen Frauen Geschirr abwaschen und Hunde in der Sonne
dösen. Schwimmende Imbissbuden sind mit Klebereis und
Papayasalat unterwegs, Männer angeln, Kinder machen sich
in Wassertaxis auf den Weg zur Schule. Häuser aus
schimmerndem rotem Teakholz mit filigran geschnitzten
Veranden wechseln mit zerfallenden Buden aus Wellblech,
Felder aus Wasserspinat wuchern dazwischen, Vögel
zwitschern in den Jackfruit- und
Rosenapfelbäumen.
Es ist
eine malerische Ecke der Stadt - nicht zu verwechseln
mit einem der vielen Slums. Denn hier wohnen neben
Müllwerkern und Lehrern durchaus auch wohlhabende
Bürger, oft schon seit Generationen, weil es Unglück
bringt, wenn man das Haus der Ahnen verkauft. Das Wasser
ist lehmig braun, manchmal treiben Plastikflaschen oder
ein Gummischlappen in der Flut. Früher achtete jeder
darauf, das Wasser sauber zu halten, doch seit die
Klongs eigenes Trinkwasser bekamen, kümmert sich niemand
mehr darum." Auch die Abwässer laufen in die Klongs. Von
sieben geplanten Kläranlagen für Bangkok ist eine ganz,
die zweite zum grössten Teil fertig gestellt. Dennoch
ist die Wasserqualität in den ringförmig verlaufenden
Kanälen besser, als man erwarten würde. Pumpstationen
drücken Wasser hinein und heraus und sorgen so für eine
gewisse Umwälzung: genügend Sauerstoff für Leben in den
Wellen.
Am San Sap
ist alles anders. Dieser Kanal quert die Stadt von West
nach Ost und ist für viele Menschen der tägliche Weg zur
Arbeit. Die Fahrt auf dem Expressboot bis zum Vorort
Bang Kapi dauert eine Stunde und kostet 15 Baht.
Hier sind
die Ufer nicht touristisch aufgehübscht, die
Haltestellen nur in Thai-Schrift ausgeschildert.
Bettzeug lüftet aus, Suppe dampft, Wäsche trocknet in
den Hinterhöfen. Es riecht nach Durianfrüchten und
Benzin. Die beiden Schaffner, die auf dem Boot
entlangturnen, tragen Helme: Wie ein getunter Traktor
schiesst das Schiff zwischen den engen Brücken hindurch,
da wundert es nicht, dass immer mal wieder ein Schiff an
den Pfeilern zerschellt.
Seitlich am Boot hängen blaue Plastikplanen als Schutz
gegen das Spritzwasser. Es ist nicht so sehr der grobe
Dreck, der im Wasser treibt - das Wasser selber ist
Dreck. Trübe Abwaschbrühe, schmutzig braun, wo sie vor
sich hin plätschert, schmutzig gelb, wenn sie
hochspritzt. Einige Passagiere halten sich Tücher vor
die Nase. Derzeit aber ist der Geruch erträglich.
Während der Trockenzeit, sagen die, die es kennen,
stinke es hier manchmal bestialisch.